BMF v. 18.11.2009 - IV C 6 - S 2177/07/10004 (2024)

BMF - IV C 6- S 2177/07/10004 BStBl 2009 I S.1326

Ertragsteuerliche Erfassung der Nutzung einesbetrieblichen Kraftfahrzeugs zu Privatfahrten, zu Fahrten zwischen Wohnung undBetriebsstätte sowie zu Familienheimfahrten nach §4 Absatz5Satz1 Nummer6 und §6 Absatz1 Nummer4Satz1 bis3EStG; Berücksichtigung derÄnderungen durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungenvom (BStBl 2006 I S. 353) unddes Gesetzes zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschalevom (BGBl 2009 I S. 774, BStBl 2009 I S. 536)

Bezug: BStBl 2002 I S. 148

Bezug: BStBl 2004 I S. 864

Bezug: BStBl 2006 I S. 446

Im Einvernehmen mit den oberstenFinanzbehörden der Länder gilt für die ertragsteuerliche Erfassung der Nutzungeines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu Privatfahrten, zu Fahrten zwischenWohnung und Betriebsstätte sowie zu Familienheimfahrten nach §4Absatz5 Satz1 Nummer6 und §6 Absatz1Nummer4Satz1 bis3EStGFolgendes:

I. Anwendungsbereich des §4Absatz5 Satz1 Nummer6 und des §6 Absatz1Nummer4Satz2 bis3EStG

1. Betriebliche Nutzung eines Kraftfahrzeugs

1Die Zuordnung von Kraftfahrzeugen zu einem Betriebsvermögen richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen (R4.2 Absatz1EStR2008). Zur betrieblichen Nutzung zählt auch die auf Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten entfallende Nutzung gemäß §4 Absatz5 Satz1 Nummer6EStG.

Der private Nutzungsanteil eines zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeugs ist nach §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG mit 1Prozent des inländischen Listenpreises zu bewerten, wenn dieses zu mehr als 50Prozent betrieblich genutzt wird. Dies gilt auch für gemietete oder geleaste Kraftfahrzeuge. Kraftfahrzeuge i.S. dieser Regelung sind Kraftfahrzeuge, die typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke genutzt werden ( BStBl 2003 II S.472). Hierzu zählen beispielsweise auch Geländekraftfahrzeuge, wobei die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einordnung vor der Neuregelung in §2 Absatz2aKraftStG zum unerheblich ist. Keine Kraftfahrzeuge i.d.S. sind Zugmaschinen oder Lastkraftwagen, die kraftfahrzeugsteuerrechtlich „andere Kraftfahrzeuge” sind.

2Die bloße Behauptung, das Kraftfahrzeug werde nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten würden ausschließlich mit anderen Kraftfahrzeugen durchgeführt, reicht nicht aus, um von dem Ansatz eines privaten Nutzungsanteils abzusehen ( BStBl 2003 II S.472). Vielmehr trifft den Steuerpflichtigen die objektive Beweislast, wenn ein nach der Lebenserfahrung untypischer Sachverhalt, wie z.B. die ausschließlich betriebliche Nutzung des einzigen betrieblichen Kraftfahrzeugs eines Unternehmers, der Besteuerung zugrunde gelegt werden soll.

3Die Anwendung von §4 Absatz5 Satz1 Nummer6EStG setzt voraus, dass ein Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder für Familienheimfahrten genutzt wird. Die Zugehörigkeit des Kraftfahrzeugs zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen ist hierbei nicht erforderlich. Für ein Kraftfahrzeug im Privatvermögen des Steuerpflichtigen werden im Ergebnis nur Aufwendungen in Höhe der Entfernungspauschale i.S.d. §9 Absatz1 Satz3 Nummer4 und Nummer5 Satz1 bis 6EStG zum Abzug zugelassen. Die Regelung des §9 Absatz2EStG ist entsprechend anzuwenden.

2. Nachweis der betrieblichen Nutzung i.S.d. §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG

4Der Umfang der betrieblichen Nutzung ist vom Steuerpflichtigen darzulegen und glaubhaft zu machen. Dies kann in jeder geeigneten Form erfolgen. Auch die Eintragungen in Terminkalendern, die Abrechnung gefahrener Kilometer gegenüber den Auftraggebern, Reisekostenaufstellungen sowie andere Abrechnungsunterlagen können zur Glaubhaftmachung geeignet sein. Sind entsprechende Unterlagen nicht vorhanden, kann die überwiegende betriebliche Nutzung durch formlose Aufzeichnungen über einen repräsentativen zusammenhängenden Zeitraum (i.d.R. 3Monate) glaubhaft gemacht werden. Dabei reichen Angaben über die betrieblich veranlassten Fahrten (jeweiliger Anlass und die jeweils zurückgelegte Strecke) und die Kilometerstände zu Beginn und Ende des Aufzeichnungszeitraumes aus.

5Auf einen Nachweis der betrieblichen Nutzung kann verzichtet werden, wenn sich bereits aus Art und Umfang der Tätigkeit des Steuerpflichtigen ergibt, dass das Kraftfahrzeug zu mehr als 50Prozent betrieblich genutzt wird. Dies kann in der Regel bei Steuerpflichtigen angenommen werden, die ihr Kraftfahrzeug für eine durch ihren Betrieb oder Beruf bedingte typische Reisetätigkeit benutzen oder die zur Ausübung ihrer räumlich ausgedehnten Tätigkeit auf die ständige Benutzung des Kraftfahrzeugs angewiesen sind (z.B. bei Taxiunternehmern, Handelsvertretern, Handwerkern der Bau- und Baunebengewerbe, Landtierärzten). Diese Vermutung gilt, wenn ein Steuerpflichtiger mehrere Kraftfahrzeuge im Betriebsvermögen hält, nur für das Kraftfahrzeug mit der höchsten Jahreskilometerleistung. Für die weiteren Kraftkraftfahrzeuge gelten die allgemeinen Grundsätze. Die Vermutungsregelung ist nicht anzuwenden, sobald für ein weiteres Kraftfahrzeug der Nachweis über die überwiegende betriebliche Nutzung erbracht wird.

6Keines weiteren Nachweises bedarf es, wenn die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und die Familienheimfahrten mehr als 50Prozent der Jahreskilometerleistung des Kraftfahrzeugs ausmachen.

7Hat der Steuerpflichtige den betrieblichen Nutzungsumfang des Kraftfahrzeugs einmal dargelegt, so ist – wenn sich keine wesentlichen Veränderungen in Art oder Umfang der Tätigkeit oder bei den Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ergeben – auch für die folgenden Veranlagungszeiträume von diesem Nutzungsumfang auszugehen. Ein Wechsel der Kraftfahrzeugklasse kann im Einzelfall Anlass für eine erneute Prüfung des Nutzungsumfangs sein. Die im Rahmen einer rechtmäßigen Außenprüfung erlangten Kenntnisse bestimmter betrieblicher Verhältnisse des Steuerpflichtigen in den Jahren des Prüfungszeitraumes lassen Schlussfolgerungen auf die tatsächlichen Gegebenheiten in den Jahren vor oder nach dem Prüfungszeitraum zu ( BStBl 1988 II S.2).

3. Methodenwahl

8Wird das Kraftfahrzeug zu mehr als 50Prozent betrieblich genutzt, kann der Steuerpflichtige die Wahl zwischen der Besteuerung nach §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG (1%-Regelung) oder nach §6 Absatz1 Nummer4 Satz3EStG (Fahrtenbuchmethode, Randnummer 21 bis 30) durch Einreichen der Steuererklärung beim Finanzamt vornehmen; die Methodenwahl muss für das Wirtschaftsjahr einheitlich getroffen werden. Im Fall des Kraftfahrzeugwechsels (vgl. Randnummer9) ist auch während eines Wirtschaftsjahres der Übergang zu einer anderen Ermittlungsmethode zulässig. Das Wahlrecht kann bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt oder geändert werden.

4. Kraftfahrzeugwechsel

9Wird das auch privat genutzte Kraftfahrzeug im laufenden Wirtschaftsjahr ausgewechselt, z.B. bei Veräußerung des bisher genutzten und Erwerb eines neuen Kraftfahrzeugs, ist der Ermittlung der pauschalen Wertansätze im Monat des Kraftfahrzeugwechsels der inländische Listenpreis des Kraftfahrzeugs zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige nach der Anzahl der Tage überwiegend genutzt hat.

II. Pauschale Ermittlung des privatenNutzungswerts

1. Listenpreis

10Für den pauschalen Nutzungswert ist der inländische Listenpreis des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt seiner Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung (z.B. Navigationsgerät, BStBl 2005 II S.563) einschließlich der Umsatzsteuer ( BStBl 2003 II S. 704) maßgebend. Das gilt auch für reimportierte Kraftfahrzeuge. Soweit das reimportierte Kraftfahrzeug mit zusätzlicher Sonderausstattung versehen ist, die sich im inländischen Listenpreis nicht niedergeschlagen hat, ist der Wert der Sonderausstattung, der sich aus der Preisliste des Herstellers ergibt, zusätzlich zu berücksichtigen. Soweit das reimportierte Kraftfahrzeug geringwertiger ausgestattet ist, ist der Wert der „Minderausstattung” anhand des inländischen Listenpreises eines vergleichbaren inländischen Kraftfahrzeugs angemessen zu berücksichtigen. Kosten für nur betrieblich nutzbare Sonderausstattung, wie z.B. der zweite Pedalsatz eines Fahrschulkraftfahrzeugs, sind nicht anzusetzen. Für Kraftfahrzeuge, für die der inländische Listenpreis nicht ermittelt werden kann, ist dieser zu schätzen. Der Listenpreis ist auf volle Hundert Euro abzurunden. Für Veranlagungszeiträume ab 2002 ist der Listenpreis für vor dem angeschaffte oder hergestellte Kraftfahrzeuge zunächst in Euro umzurechnen und danach auf volle Hundert Euro abzurunden.

11Zeitpunkt der Erstzulassung ist der Tag, an dem das Kraftfahrzeug das erste Mal zum Straßenverkehr zugelassen worden ist. Das gilt auch für gebraucht erworbene Kraftfahrzeuge. Zeitpunkt der Erstzulassung des Kraftfahrzeugs ist nicht der Zeitpunkt der Erstzulassung des Kraftfahrzeugtyps, sondern des jeweiligen individuellen Kraftfahrzeugs. Bei inländischen Kraftfahrzeugen ergibt sich das Datum aus den Zulassungspapieren. Macht der Steuerpflichtige geltend, dass für ein importiertes oder ein reimportiertes Kraftfahrzeug ein anderes Datum maßgebend sei, trifft ihn die objektive Beweislast.

2. Nutzung mehrerer Kraftfahrzeuge und Nutzung durch mehrere Nutzungsberechtigte

a) Einzelunternehmen

12Gehören gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zum Betriebsvermögen, so ist der pauschale Nutzungswert grundsätzlich für jedes Kraftfahrzeug anzusetzen, das vom Unternehmer oder von zu seiner Privatsphäre gehörenden Personen für Privatfahrten genutzt wird (vgl. Randnummer 2). Kann der Steuerpflichtige glaubhaft machen, dass bestimmte betriebliche Kraftfahrzeuge nicht privat genutzt werden, weil sie für eine private Nutzung nicht geeignet sind (z.B. bei sog. Werkstattwagen BStBl 2008 IIS.381) oder diese ausschließlich eigenen Arbeitnehmern zur Nutzung überlassen werden, ist für diese Kraftfahrzeuge kein pauschaler Nutzungswert zu ermitteln. Wird ein Kraftfahrzeug gemeinsam vom Steuerpflichtigen und einem oder mehreren Arbeitnehmern genutzt, so ist bei pauschaler Nutzungswertermittlung für Privatfahrten der Nutzungswert von 1Prozent des Listenpreises entsprechend der Zahl der Nutzungsberechtigten aufzuteilen. Es gilt die widerlegbare Vermutung, dass für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten das Kraftfahrzeug mit dem höchsten Listenpreis genutzt wird.

Beispiel1:

Zum Betriebsvermögen desUnternehmers C gehören 5 Kraftfahrzeuge, die von C, seiner Ehefrau und demerwachsenen Sohn auch zu Privatfahrten genutzt werden; von C auch für Fahrtenzwischen Wohnung und Betriebsstätte. Ein Kraftfahrzeug wird ausschließlicheinem Angestellten auch zur privaten Nutzung überlassen; der Nutzungsvorteilwird bei diesem lohnversteuert. Die betriebliche Nutzung der Kraftfahrzeugebeträgt jeweils mehr als 50Prozent. Es befindet sich kein weiteresKraftfahrzeug im Privatvermögen. Die private Nutzungsentnahme nach§6Absatz1 Nummer4 Satz2EStG ist für4 Kraftfahrzeuge anzusetzen, und zwar mit jeweils 1Prozent desListenpreises. Zusätzlich ist für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätteder Betriebsausgabenabzug zu kürzen. Dabei ist der höchste Listenpreis zugrundezu legen.

b) Personengesellschaft

13Befinden sich Kraftfahrzeuge im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft, ist ein pauschaler Nutzungswert für den Gesellschafter anzusetzen, dem die Nutzung des Kraftfahrzeugs zuzurechnen ist. Randnummer 12 ist entsprechend anzuwenden.

Beispiel2:

Der IJK-OHG gehören dieGesellschafter I, J und K an. Es befinden sich 4 Kraftfahrzeuge imBetriebsvermögen. Die Gesellschafter I und K sind alleinstehend. Niemand ausihrer Privatsphäre nutzt die betrieblichen Kraftfahrzeuge. Der Gesellschafter Jist verheiratet. Seine Ehefrau nutzt ein betriebliches Kraftfahrzeug auch zuPrivatfahrten. Die betriebliche Nutzung der Kraftfahrzeuge beträgt jeweils mehrals 50Prozent. Die Bruttolistenpreise der Kraftfahrzeuge betragen80.000€, 65.000€, 50.000€ und40.000€. I nutzt das 80.000€-Kraftfahrzeug, J das50.000€-Kraftfahrzeug, K das 65.000€-Kraftfahrzeug undFrau J das 40.000€-Kraftfahrzeug. Die private Nutzungsentnahme istmonatlich für den Gesellschafter I mit 1Prozent von 80.000€,für den Gesellschafter K mit 1Prozent von 65.000€ und für denGesellschafter J mit 1Prozent von 50.000€ zuzüglich1Prozent von 40.000€anzusetzen.

3. Nur gelegentliche Nutzung des Kraftfahrzeugs

14Der pauschale Nutzungswert und die nicht abziehbaren Betriebsausgaben sind auch dann mit den Monatswerten zu ermitteln, wenn das Kraftfahrzeug nur gelegentlich zu Privatfahrten oder zu Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte genutzt wird.

15Die Monatswerte sind nicht anzusetzen für volle Kalendermonate, in denen eine private Nutzung oder eine Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ausgeschlossen ist.

16Hat ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebsstätten in unterschiedlicher Entfernung von der Wohnung, kann bei der pauschalen Berechnung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach §4 Absatz5 Satz1 Nummer6EStG die Entfernung zur näher gelegenen Betriebsstätte zugrunde gelegt werden. Die Fahrten zur weiter entfernt gelegenen Betriebsstätte sind zusätzlich mit 0,002Prozent des inländischen Listenpreises i.S.d. §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG für jeden weiteren Entfernungskilometer (Differenz zwischen den Entfernungen der Wohnung zur jeweiligen Betriebsstätte) anzusetzen.

Beispiel3:

Der Unternehmer A wohnt in A-Stadt und hat dort eine Betriebsstätte (Entfernung zur Wohnung 30km). Eine zweite Betriebsstätte unterhält er in B-Stadt (Entfernung zur Wohnung 100km). A fährt zwischen Wohnung und Betriebsstätte mit dem Betriebs-Kraftfahrzeug (Bruttolistenpreis: 22.500€). Er ist an 40Tagen von der Wohnung zur Betriebsstätte in B-Stadt gefahren, an den anderen Tagen zur Betriebsstätte in A-Stadt (insgesamt an 178Tagen). Die nicht abziehbaren Betriebsausgaben sind wie folgt zu ermitteln:

Tabelle in neuem Fenster öffnen

a)

22.500€×0,03%×30km×12Monate =

2.430,00€

./.178Tage×30km×0,30€ =

1.602,00€

828,00€

b)

22.500€×0,002%×70 (100./.30)km×40Tage =

1.260,00€

./.40Tage×100km×0,30€ =

1.200,00€

 60,00€

Summe der nicht abziehbaren Betriebsausgaben

888,00€


4. Nutzung im Rahmen unterschiedlicher Einkunftsarten

17Nutzt der Steuerpflichtige das betriebliche Kraftfahrzeug auch im Rahmen anderer Einkunftsarten, sind die auf diese außerbetriebliche, aber nicht private Nutzung entfallenden Aufwendungen grundsätzlich nicht mit dem nach §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG (1%-Regelung) ermittelten Betrag abgegolten ( BStBl 2007 II S.445). Es bestehen keine Bedenken, diese Entnahme mangels anderer Anhaltspunkte mit 0,001% des inländischen Listenpreises des Kraftfahrzeugs je gefahrenem Kilometer zu bewerten; dieser Entnahmewert stellt vorbehaltlich bestehender Abzugsbeschränkungen die im Rahmen der anderen Einkunftsart abziehbaren Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar. Aus Vereinfachungsgründen wird einkommensteuerrechtlich auf den Ansatz einer zusätzlichen Entnahme verzichtet, soweit die Aufwendungen bei der anderen Einkunftsart keinen Abzugsbeschränkungen unterliegen und dort nicht abgezogen werden.

5. Begrenzung der pauschalen Wertansätze (sog. Kostendeckelung)

18Der pauschale Nutzungswert nach §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG sowie die nicht abziehbaren Betriebsausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten nach §4 Absatz5 Satz1 Nummer6EStG können die für das genutzte Kraftfahrzeug insgesamt tatsächlich entstandenen Aufwendungen übersteigen. Wird das im Einzelfall nachgewiesen, so sind diese Beträge höchstens mit den Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs anzusetzen. Bei mehreren privat genutzten Kraftfahrzeugen können die zusammengefassten pauschal ermittelten Wertansätze auf die nachgewiesenen tatsächlichen Gesamtaufwendungen dieser Kraftfahrzeuge begrenzt werden; eine fahrzeugbezogene „Kostendeckelung” ist zulässig.

19Wird neben dem pauschalen Nutzungswert nach §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG eine Entnahme aufgrund der Nutzung des Kraftfahrzeugs zur Erzielung anderer Einkunftsarten erfasst, ist auch dieser Betrag den tatsächlichen Aufwendungen gegenüberzustellen (vgl. Randnummer17).

20Bei Anwendung der Kostendeckelung müssen dem Steuerpflichtigen als abziehbare Aufwendungen mindestens die nach §4 Absatz5 Satz1 Nummer6 Satz2, §9 Absatz1 Satz3 Nummer4 und Nummer5EStG ermittelten Beträge (Entfernungspauschalen) verbleiben.

Beispiel4:

Für ein zu mehr als 50Prozent für betriebliche Zwecke genutztes Kraftfahrzeug (Bruttolistenpreis 35.600€) sind im Wirtschaftsjahr 7.400€ Gesamtkosten angefallen. Das Kraftfahrzeug wurde an 200Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte (Entfernung 27Kilometer) genutzt. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt.

Tabelle in neuem Fenster öffnen

1.pauschaler Wertansatz nach §4 Absatz5 Satz1 Nummer6EStG:

35.600€×0,03%×27km×12Monate

=

3.460,32€

2.privater Nutzungsanteil nach §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG:

35.600€×1%×12Monate

=

4.272,00€

3.Prüfung der Kostendeckelung:

Gesamtaufwendungen

7.400,00€

Pauschale Wertansätze (Summe aus 1. und 2.)

7.732,32€

Höchstbetrag der pauschalen Wertansätze

7.400,00€


Die pauschalen Wertansätze übersteigen die entstandenen Gesamtkosten. Es liegt ein Fall der Kostendeckelung vor. Der pauschale Wertansatz für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nach §4 Absatz5 Satz1 Nummer6EStG und der private Nutzungsanteil nach §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG sind auf die Höhe der Gesamtaufwendungen von 7.400€ beschränkt. Die Entfernungspauschale nach §4 Absatz5 Satz1 Nummer6 i.V.m. §9 Absatz1 Satz3 Nummer4EStG i.H.v. 1.620,00€ (200Tage×27km×0,30€) ist zu berücksichtigen.

III. Ermittlung des tatsächlichen privatenNutzungswerts

1. Führung eines Fahrtenbuches

21Ein Fahrtenbuch soll die Zuordnung von Fahrten zur betrieblichen und beruflichen Sphäre ermöglichen und darstellen. Es muss laufend geführt werden.

22Werden mehrere betriebliche Kraftfahrzeuge vom Unternehmer oder von zu seiner Privatsphäre gehörenden Personen zu Privatfahrten, zu Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder zu Familienheimfahrten genutzt, ist diese Nutzung für jedes der Kraftfahrzeuge, das zu mehr als 50Prozent betrieblich genutzt wird, entweder pauschal im Wege der Listenpreisregelung oder aber konkret anhand der Fahrtenbuchmethode zu ermitteln ( BStBl 2001 II S.332). Gehören dabei gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zum Betriebsvermögen, und wird nicht für jedes dieser Kraftfahrzeuge ein Fahrtenbuch im Sinne des §6 Absatz1 Nummer4 Satz3EStG geführt, ist für diejenigen Kraftfahrzeuge, für die kein Fahrtenbuch geführt wird, und die für Privatfahrten, für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder für Familienheimfahrten genutzt werden, §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG (1%-Regelung) und §4 Absatz5 Satz1 Nummer6EStG (pauschale Ermittlung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben) anzuwenden. Die Rdnrn.12 und 13 gelten entsprechend.

Beispiel6:

Zum Betriebsvermögen des Unternehmers C gehören 5 Kraftfahrzeuge, die von C, seiner Ehefrau und dem erwachsenen Sohn auch zu Privatfahrten genutzt werden. Die betriebliche Nutzung der Kraftfahrzeuge beträgt jeweils mehr als 50Prozent. Es befindet sich kein weiteres Kraftfahrzeuge im Privatvermögen. Für ein Kraftfahrzeug wird ein Fahrtenbuch geführt. Die (pauschale) private Nutzungsentnahme für die vier weiteren auch privat genutzten Kraftfahrzeuge ist nach §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG mit jeweils 1Prozent des Listenpreises anzusetzen. Für das Kraftfahrzeug, für das ein Fahrtenbuch geführt wird, ist die Nutzungsentnahme mit den tatsächlich auf die private Nutzung entfallenden Aufwendungen anzusetzen.

2. Elektronisches Fahrtenbuch

23Ein elektronisches Fahrtenbuch ist anzuerkennen, wenn sich daraus dieselben Erkenntnisse wie aus einem manuell geführten Fahrtenbuch gewinnen lassen. Beim Ausdrucken von elektronischen Aufzeichnungen müssen nachträgliche Veränderungen der aufgezeichneten Angaben technisch ausgeschlossen, zumindest aber dokumentiert werden ( BStBl 2006 II S.410).

3. Anforderungen an ein Fahrtenbuch

24Ein Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden. Es muss die Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergeben ( BStBl 2006 II S.408). Das Fahrtenbuch muss mindestens folgende Angaben enthalten (vgl. R8.1 Absatz9 Nummer2 Satz3LStR2008): Datum und Kilometerstand zu Beginn und Ende jeder einzelnen betrieblich/beruflich veranlassten Fahrt, Reiseziel, Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner. Wird ein Umweg gefahren, ist dieser aufzuzeichnen. Auf einzelne dieser Angaben kann verzichtet werden, soweit wegen der besonderen Umstände im Einzelfall die betriebliche/berufliche Veranlassung der Fahrten und der Umfang der Privatfahrten ausreichend dargelegt sind und Überprüfungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigt werden. So sind z.B. folgende berufsspezifisch bedingte Erleichterungen möglich:

  1. 25Handelsvertreter, Kurierdienstfahrer,Automatenlieferanten und andere Steuerpflichtige, die regelmäßig ausbetrieblichen/beruflichen Gründen große Strecken mit mehreren unterschiedlichenReisezielen zurücklegen

    Zu Reisezweck, Reiseziel undaufgesuchtem Geschäftspartner ist anzugeben, welche Kunden an welchem Ortbesucht wurden. Angaben zu den Entfernungen zwischen den verschiedenen Ortensind nur bei größerer Differenz zwischen direkter Entfernung und tatsächlichgefahrenen Kilometern erforderlich.

  2. 26Taxifahrer, Fahrlehrer

    Bei Fahrten eines Taxifahrersim sog. Pflichtfahrgebiet ist es in Bezug auf Reisezweck, Reiseziel undaufgesuchtem Geschäftspartner ausreichend, täglich zu Beginn und Ende derGesamtheit dieser Fahrten den Kilometerstand anzugeben mit der Angabe„Taxifahrten im Pflichtfahrgebiet” o.ä. Wurden Fahrtendurchgeführt, die über dieses Gebiet hinausgehen, kann auf die genaue Angabedes Reiseziels nicht verzichtet werden.

27Für Fahrlehrer ist es ausreichend, in Bezug auf Reisezweck, Reiseziel und aufgesuchten Geschäftspartner „Lehrfahrten”, „Fahrschulfahrten” o.ä. anzugeben.

28Werden regelmäßig dieselben Kunden aufgesucht, wie z.B. bei Lieferverkehr, und werden die Kunden mit Name und (Liefer-)Adresse in einem Kundenverzeichnis unter einer Nummer geführt, unter der sie später identifiziert werden können, bestehen keine Bedenken, als Erleichterung für die Führung eines Fahrtenbuches zu Reiseziel, Reisezweck und aufgesuchtem Geschäftspartner jeweils zu Beginn und Ende der Lieferfahrten Datum und Kilometerstand sowie die Nummern der aufgesuchten Geschäftspartner aufzuzeichnen. Das Kundenverzeichnis ist dem Fahrtenbuch beizufügen.

29Für die Aufzeichnung von Privatfahrten genügen jeweils Kilometerangaben; für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte genügt jeweils ein kurzer Vermerk im Fahrtenbuch.

4. Nichtanerkennung eines Fahrtenbuches

30Wird die Ordnungsmäßigkeit der Führung eines Fahrtenbuches von der Finanzverwaltung z.B. anlässlich einer Betriebsprüfung nicht anerkannt, ist der private Nutzungsanteil nach §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG zu bewerten, wenn die betriebliche Nutzung mehr als 50Prozent beträgt. Für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie für Familienheimfahrten ist die Ermittlung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach §4 Absatz5 Satz1 Nummer6EStG vorzunehmen.

5. Ermittlung des privaten Nutzungsanteils bei Ausschluss der 1%-Regelung

31Beträgt der Umfang der betrieblichen Nutzung 10 bis 50Prozent, darf der private Nutzungsanteil nicht gemäß §6 Absatz1 Nummer4 Satz2EStG (1%-Regelung) bewertet werden.

Der private Nutzungsanteil ist als Entnahme gemäß §6 Absatz1 Nummer4 Satz1EStG mit den auf die private Nutzung entfallenden tatsächlichen Selbstkosten (vgl. Randnummer 32) zu bewerten. Für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten sind die nicht abziehbaren Betriebsausgaben nach §4 Absatz5 Satz1 Nummer6 Satz3 2.AlternativeEStG zu ermitteln.

IV. Gesamtaufwendungen für dasKraftfahrzeug

32Zu denGesamtaufwendungen für das Kraftfahrzeug (Gesamtkosten) gehören Kosten, dieunmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zu dienen bestimmtsind und im Zusammenhang mit seiner Nutzung zwangsläufig anfallen( BStBl 2006 II S.72). Zu den Gesamtkosten gehören nicht dieSonderabschreibungen ( BStBl 1988 II S.655). Außergewöhnliche Kraftfahrzeugkosten sind dagegenvorab der beruflichen oder privaten Nutzung zuzurechnen. Aufwendungen, dieausschließlich der privaten Nutzung zuzurechnen sind, sind vorab als Entnahmezu behandeln (z.B. Mautgebühren auf einer privaten Urlaubsreise – BStBl 2006 II S.72). Bei der Ermittlung des privaten Nutzungsanteilsnach§6Absatz1 Nummer4 Satz3EStG sind dieverbleibenden Kraftfahrzeugaufwendungen anhand des Fahrtenbuches anteilig derprivaten Nutzung, der Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätteoder für Familienheimfahrten zuzurechnen.

V. Fahrten zwischen Wohnung undBetriebsstätte

1. Mehrfache Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte

33Werden täglich mehrere Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte zurückgelegt, so vervielfacht sich der pauschale Hinzurechnungsbetrag nach §4 Absatz5 Satz1 Nummer6EStG nicht. Für die Ermittlung des betrieblichen Nutzungsumfangs sind auch die Mehrfachfahrten zu berücksichtigen.

2. Abziehbare Aufwendungen bei behinderten Menschen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten

34Behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt, sowie behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, können ihre tatsächlichen Kosten für die Benutzung eines eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeuges für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie für Familienheimfahrten als Betriebsausgaben abziehen. Dabei ist der Gewinn nicht um Aufwendungen in Höhe des in §4 Absatz5 Satz1 Nummer6EStG jeweils genannten positiven Unterschiedsbetrags zu erhöhen.

VI. UmsatzsteuerlicheBeurteilung

35ZurFrage des Vorsteuerabzugs und der Umsatzbesteuerung bei unternehmerischgenutzten Kraftfahrzeugen vgl. (BStBl 2004 I S.864). Ist die Anwendung der 1%-Regelung gem.§6Absatz1 Nummer4 Satz2EStGausgeschlossen, weil das Kraftfahrzeug zu weniger als 50Prozentbetrieblich genutzt wird, und wird der nicht unternehmerische Nutzungsanteilnicht durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen, ist dieserNutzungsanteil im Wege der Schätzung zu ermitteln, wobei der Umsatzbesteuerunggrundsätzlich der für ertragsteuerliche Zwecke ermittelte privateNutzungsanteil zugrunde zu legen ist.

VII. Zeitliche Anwendung

36DiesesSchreiben ersetzt die (BStBl 2002 I S.148) und vom (BStBl 2006 I S.446) und ist inallen offenen Fällen anzuwenden. Randnummer 12 ist erstmals aufWirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem beginnen.Randnummer 17 ist erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden; wirdder Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermittelt,ist Randnummer 17 erstmals ab anzuwenden.

Inhaltlich gleichlautend
BMF v. - IV C 6- S 2177/07/10004
Bayerisches Landesamt fürSteuern v. - S2177.1.1-3/2St32/St33

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:




Fundstelle(n):
BStBl 2009 I Seite 1326
DB 2009 S. 2573 Nr. 48
DStR 2009 S. 2485 Nr. 48
EStB 2010 S. 15 Nr. 1
FR 2009 S. 1164 Nr. 24
GStB 2010 S. 52 Nr. 2
KÖSDI 2009 S. 16751 Nr. 12
StB 2009 S. 424 Nr. 12
StBW 2009 S. 8 Nr. 25
WPg 2009 S. 1251 Nr. 24
LAAAD-32841

BMF v. 18.11.2009 - IV C 6
- S 2177/07/10004 (2024)
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